Ferienlagerpraktikum - Editorial

Es ist Anfang Juli 1987 und die Seminargruppe MP86/3 ist auf dem Weg in den Harz. Unsere Motorrad-Freaks Wolle und Frank sind nicht dabei, sie reisen "Stil-echt" mit dem eigenen Maschinchen an.

Wir haben das erste Studienjahr "überstanden" und sind nun für die erste Belegung des Kinderferienlagers der BUNA-Werke in Friedrichsbrunn vorgesehen. Hier werden wir unser obligatorisches Ferienlager-Praktikum absolvieren. Das gehört einfach zur Lehrer-Ausbildung an der PH Halle dazu.

Bis Bad Suderode geht es mit dem Zug, von dort holen uns Sonderbusse ab und bringen uns bis ans Ende von Friedrichsbrunn (im doppelten Sinne).
Ins Lager ist es nicht weit zu laufen und man lotst uns gleich erst einmal in den riesigen Speisesaal.
Dort begrüßt uns der Lagerleiter Herr Montag (der hieß wirklich so!) im schönen Friedrichsbrunn und gibt einen Überblick über das Pionier- und Ferienlager "Erich Weinert". 800 Kinder werden hier pro Durchgang ihre Sommerferien verbringen - und wir werden sie dabei betreuen, beschäftigen und natürlich auch erziehen. ("Für Frieden und Sozialismus - seid bereit...")

... So ungefähr könnte es sich damals zugetragen haben, als die "MP3" in ihr Ferienlagerpraktikum einzog.

Ich habe im Februar 2018 auf dem Heimweg vom Urlaub dieses Lager noch einmal aufgesucht. Den oberen Eingangsbereich musste ich umgehen, dort war alles verschlossen und mit Verbotsschildern versehen. Aber dann einen Waldweg den Berg hinunter laufend standen sie plötzlich vor mir - die Reste dieses einst riesigen Lagers. Keine Menschenseele war zu sehen - eine gespenstige Atmosphäre herrschte hier, wo früher hunderte Kinder pro Durchgang umher wuselten.

Hoffentlich hausen hier nicht noch die Wildschweine, die damals des Nachts durch unser Lager trabten!
So habe ich also in die verfallenden Buden dann doch etwas vorsichtiger hinein geguckt...

Je länger ich durch den Schnee stapfte, umso lebendiger wurden die Erinnerungen an unseren Aufenthalt hier. Mir kamen viele nette und auch einige "Buna-Kinder" in den Sinn, die hier so leicht für alles in freier Natur zu begeistern waren. Doch auch die zum Teil unmöglichen Zustände im Lager fielen mir wieder ein - sei es das Essen oder die hygienischen Bedingungen. Aber wir wären nicht die "MP3", wenn wir uns nicht allen Umständen zum Trotz eine schöne Zeit gemacht hätten!

Gleich abends habe ich meine Eindrücke in unserer Whatsapp-Gruppe geteilt - und es kamen von unseren MP3-ern noch jede Menge weitere hinzu! Wie lebendig die Geschichte doch plötzlich wieder ist!

Und so versuche ich also, die Bilder vom heutigen Zustand mit den Erinnerungen von damals zu verknüpfen und hier aufzuschreiben.
Das Tagebuch meiner "Gruppe 14" habe ich auch noch gefunden, das wird diese Seiten sicher auch bereichern.

Wollen wir in Gedanken noch einmal ins Ferienlager reisen?
Na dann packen wir mal den virtuellen Koffer voller Erinnerungen....