Der Sport bestimmt das Lagerleben

In der kleinen DDR wird der Sport seit jeher groß geschrieben.

Wir hatten ja schon zur ersten Einweisung die Richtlinie bekommen, dass der Tag mit Frühsport zu beginnen ist. Sicherlich betreiben wir das "unterschiedlich intensiv". Aber für unsere beiden Gruppen 13 und 14 führen wir den Frühsport recht konsequent durch. Wir meinen dass dies unsere Jungs mal ein wenig auf Trab bringt.
(Heute mit einem Abstand von mehr als 30 Jahren sehe ich das schon etwas anders. Ein Ferienlager mit Zwangs-Frühsport - das wäre heute ein No Go.)

Während unseres Aufenthalts in Friedrichsbrunn finden diverse Sportspiele statt - eine "Lager-Spartakiade" gehört dazu wie auch ein Fußballturnier. Wir "trainieren" mit den Jungs dazu nicht sonderlich, es soll ein Spaß bleiben und nicht in Streben nach Leistungen ausarten. "Höher-schneller-weiter!"

Kultur im Lager

Für die Kinder finden im Lager zahlreiche Veranstaltungen statt. Ab und zu gibt es eine "Disko" oben im Speisesaal (?) oder auch auf der Freilichtbühne.
Abends gibt es Kino, zu dem wir unsere Gruppen anmelden müssen.

An einem Abend wird ein großes Lagerfeuer unten auf dem Sportplatz organisiert. Dazu sammeln die Gruppen Holz und den Kindern gefällt es, am Lagerfeuer Kartoffeln zu braten, auch wenn so mancher daraus ein "Brikett" macht.

Den Abschluss unseres Durchgangs wird ein großes Kulturprogramm bilden, was auf der großen Freilichtbühne neben der "Hungertreppe" stattfindet. Dazu soll jede Gruppe einen Beitrag gestalten, der in den "Wettbewerb" um die beste Gruppe eingehen wird.
Naja, soooo sehr Gedanken machen wir uns darum nicht. Die Jungs wollen eine "Modenschau" aufziehen - "na dann macht Euch mal'n Kopp". Sie besorgen sich Kleidung von den Mädels, (der eine oder andere hat hier inzwischen "eine kleine Freundin" gefunden) und haben sichtlich Spaß daran, sich zu verkleiden.

Und so versammeln sich am Donnerstagvormittag, dem 17.07.1987 alle Gruppen auf der Freilichtbühne, um ihre Programme vorzuführen. Einer unserer Gruppe moderiert die "Modenschau" und ist dabei mächtig aufgeregt. Sicherlich ist es auch für ihn das erste Mal, vor einem solchen großen Publikum ins Mikrofon zu sprechen. Aber es klappt alles gut, die "Models" sorgen für Spaß bei den Zuschauern.

Abschied und Abreise

Tja - und damit endet das Tagebuch der Gruppe 14 - 1. Durchgang im Sommer 1987. Es war doch eine bewegte, für die Jungs sicherlich erlebnisreiche Zeit.

Morgen werden die Koffer gepackt und dann ist Abreise. Den Abschied werden wir mit einem weinenden und einem lachenden Auge erleben. Auch unseren Kindern wird er nicht eben leicht fallen. Wir haben sie alle gesund und munter über ihre Ferienlagerzeit gebracht, haben viel unternommen, sind mit den Leuten gut zurecht gekommen.

So manches Kind weiß jetzt schon, dass es noch eine zweite und sogar eine dritte Ferienlager-Belegung mitmachen "darf". Für die Eltern ist es eine willkommene Gelegenheit, die Kinder für wenig Geld im Ferienlager "zu parken", sie dort gut aufgehoben zu wissen. Ein Junge erzählt er mir, dass er noch zweimal ins Ferienlager nach Glowe fahren wird und dann noch zwei Wochen bei der Oma verbringt. Na dann sind seine 8 Wochen Sommerferien ja gut ausgebucht.

Nachdem die Kinder mit Sonderbussen wieder oben am Parkplatz abgefahren sind, wird es auch für uns Zeit die Sachen zu packen. Morgen werden die Betreuer des zweiten Durchgangs eintreffen, übermorgen - am Sonntag - dann die neuen Kinder.
So wie wir angereist sind, fahren wir auch wieder zurück nach Halle - mit dem Sonderbus nach Bad Suderode und dann per Bahn weiter.

Und damit endet unser Ferienlagerpraktikum und Friedrichsbrunn!

Resümee

Aus heutiger Sicht - nach mehr als dreißig Jahren - kann ich sagen: Für uns war es doch eine wichtige Erfahrung - über eine längere Zeit mit den Kindern zusammen zu sein, sich einzuordnen in ein komplexes Lagersystem und auch mal mit widrigen Verhältnissen so clever umzugehen, dass die Kinder sich dennoch wohlfühlen.

Eine solche Erfahrung würde ich so manchem meiner Lehramtstudierenden heute auch wünschen. Sich mal ausprobieren, einen "Haufen Kinder" für sich begeistern und über mehrere Tage mit ihnen zusammen sein und zurechtkommen, ohne sich zu verbiegen.
Oder aber auch einfach mal "was los zu machen", ohne vorher ein 90minütiges Konzeptionsgespräch zu führen...

Eigentlich sollte so etwas ebenso zum Pflichtprogramm des Lehramtsstudiums gehören, wie die Hospitations- und Blockpraktika. Schließlich hat - auch hier in Friedrichsbrunn - schon die/der Eine oder Andere gemerkt, ob sie/er "mit Kindern umgehen kann". Dazu müsste es aber erst einmal (wieder) genügend dieser Einrichtungen geben.

Nun ja, bewahren wir uns die schönen Erinnerungen an diese Zeit - aus Sicht des Kindes oder des "Helfers" im Sommerferienlager.